Weihnachtsbücher!

Noch 20 Tage, und die Sache mit den Geschenken wird langsam akut. Wenn Sie auch nur ein kleines bisschen Ähnlichkeit mit mir haben, dann kennen Sie das: unterm Jahr hätte man siebenhundert Ideen für das Geschenk, aber kaum rücken Geburtstage, Hochzeitstage oder Weihnachten näher, löschen sich diese Bereiche im Gehirn und man kann sich kaum noch an die Namen erinnern derjenigen, die man beschenken wollte. Stattdessen leuchten überall blinkende „du musst, du musst!“-Schilder auf.

Aber spätestens wenn ich in die adventsbeseelten Gesichter meiner Kinder schaue, schlucke ich alle meine konsumkritischen Vorträge runter (und ich sage Ihnen, ich habe viele! Und ich kann sie alle auswendig! Die machen sauertöpfische Menschen tagelang satt!), und mache mich auf die Socken und suche doch noch nach dem Backup meiner Geschenkeplanung.
(Zumeist ist es  ja so: ich habe ja doch schon das eine oder andere eingekauft und eingelagert, und das weitaus Schwierigere als das sich-Ausdenken ist bei mir dann das Wiederfinden. So fallen Weihnachten und Ostern bei uns immer direkt in die Phase zwischen Viertem Advent und Heilig Abend.)

Haben wir das. Ausflug in mein Weihnachtsverhalten. Aber nun zu etwas vollkommen anderem: Weihnachtsgeschenke. Was eignet sich besser als Bücher, und was passt besser zusammen, als in einem Blog über Bücher und Bücherschreiben Bücher zu empfehlen?

Zuerst: Kaufen Sie Arschbombe„Sehr gerne Mama, du Arschbombe“. Kaufen Sie es zweimal. Sie werden nämlich beim Abknibbeln des Preisschildes die U4 lesen, dann den Klappentext lesen wollen, dann das Bild der Autorin studieren und schließlich so tief im Buch feststecken, dass Sie es überall hin mitnehmen wollen. Sie werden ihm, falls Sie in Moskau wohnen, ein Extrapelzchen aus Kunstfaser kaufen, damit es nicht friert, Sie werden ihm beim Adventsurlaub in der Sahara einen Liegestuhl am Pool reservieren, und ganz ohne darüber nachzudenken, kochen Sie dem kleinen lilafarbenen Büchlein zu Weihnachten sein Lieblingsessen. Mit anderen Worten: Sie werden sich nicht mehr von ihm trennen wollen. Ich weiß das, weil es mir so erging, und ich das Doppelexemplar, das ich zu Promotionszwecken aussetzen sollte, noch immer habe. Ich habe den Kindern daraus vorgelesen, und das will etwas heißen bei einem Buch über das Zusammenleben mit Kindern! Aber da, wo ich mich gekringelt habe vor Lachen, sind die Kinder immer glücklicher geworden, weil ihnen mit einem Schlag klargeworden ist: Sie sind nicht allein. Und wenn das keine Adventsbotschaft ist, dann weiß ich auch nicht.

 

image_1_13544Danach: Kaufen Sie „Auerhaus“. Meine Gründe dafür habe ich ausführlich hier dargelegt, die Kurzfassung lautet: Stellen Sie keine Fragen, machen Sie, was ich sage.

 

 

 

 

Weiter: Lassen Sie die Finger von „Unschuld.“ Wirklich. Lassen Sie es einfach.

 

Verwandlung der WeltBefassen Sie sich stattdessen damit, was das 19. Jahrhundert uns an „Verwandlung der Welt“ gebracht hat, danach lesen Sie sich durch das 18. Jahrhundert, und vielleicht, nein, mit Sicherheit, sehen Sie die Konflikte unserer Zeit dann mit anderen Augen, und Sie begreifen, dass es Menschen sind, die Geschichte machen, Menschen so wie Sie und ich, Menschen, die sich bewegt haben, sich geäußert haben, die Position bezogen haben (zwischen zwei veganen Smoothies ist da sicher noch ein bisschen Platz), die mit angefasst haben und die eingetreten sind (ja, sind, nicht haben) für Demokratie und Freiheit und dafür, zuerst miteinander zu sprechen, statt sich wegen der falschen Barttracht und der falschen Überzeugung gleich die Köpfe einzuschlagen.

 

Das ist anstrengend, dieses Reden, es erfordert Nachdenken, das nach zwei oder zehn Bier nicht mehr so leicht fallen mag, weshalb die eine Hälfte, die besorgten Bürger, mit einem Kasten Bier im Kopf nur noch auf die Idee kommt, anderer Leute Häuser anzuzünden, aber das sollte uns nicht davon abhalten, mit allem Nachdruck wenigstens an dieser Stelle den weihnachtlichen Gedanken der Nächstenliebe ein wenig aufzugreifen und sich nochmal durch den Kopf gehen zu lassen, worauf unsere abendländische Kultur fußt: auf den Überlegungen eines jungen Mannes, der sich gegen seinen leicht bornierten und, sagen wir, doch erheblich narzisstisch gestörten Vater durchsetzt, indem er den ins Leere laufen lässt mit dessen „Ich werfe Blitze! Ich lasse es tausend Jahre regnen, wenn Ihr Menschlein nicht macht, was ich sage!“ – Cholerik.

Wie macht er das? Indem er sich anhört, was die Leute zu sagen haben, und indem er die einfachste aller Maximen aufstellt: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.
Drehen Sie den Satz hin und her, wenden Sie ihn, stellen Sie ihn auf den Kopf. Sie werden herausfinden, dass er vorwärts und rückwärts funktioniert, und der Schlüssel zu quasi allem ist. Versuchen Sie es.

Fröhliche Weihnachten.