Verliebt.

Ich bin verliebt, aber sowas von. In eine Doppelseite. Links Kartoffelsalat aus Norddeutschland, rechts Kartoffelsalat aus Süddeutschland (nein, das ist keine verkappte Schleichwerbung für mein eigenes Buch! Obwohl da auch Kartoffelsalat mit gegen Kartoffelsalat ohne Mayonnaise gegeneinander antritt, aber noch Großmütter und Großväter und reichlich Kinder und eine unübersichtliche Anzahl an Nebenfiguren, und ja, es spielt an Weihnachten, eigentlich gleich mal ein ganz neues Thema, Klammer zu).

Ich meine „Deutschland vegetarisch“ von Stevan Paul und Katharina Seiser.

Draufgekommen bin ich wegen Herrn Buddenbohm, weil der mich letzthin gerettet hat. Ich habe der Familie einen meiner berüchtigten „ihr wollt also wieder mal überhaupt nicht wissen, WAS ihr da esst, WO das herkommt, WIE das geheißen hat, nein??“-Vorträge gehalten, und musste etwa siebzehn Minuten danach Essen kochen. Natürlich durfte da aus logischen Gründen keine Salami oder Haxe drin sein. Es gab dann Kartoffelauflauf. Mit tiefgefrorenem Raclettekäse aus dem Supermarkt, (was so natürlich NICHT im Rezept steht). Also mit ausreichend Chemie, damit die Nachkommenschaft das auch isst. Ist Euch eigentlich auch aufgefallen, dass die Käseregale in letzter Zeit merkwürdig leer sind? Nach dieser Listeriose oder was das war? Es gibt nur noch diese riesigen Gummidinger, und Scheibenkäse, also Gummischeibenkäse. Will ich gar nicht weiter drüber nachdenken, bestätigt mich aber darin, dass da nichts als Gummi drin sein kann – habe ich das schon erwähnt? Plaste und Elaste.

Ich schwiff ab, es ging ja um das Buch! Das mich lehrte, mich niemals von falschen Glaubenssätzen leiten zu lassen. Die da wären: wenn man immer Sahne nimmt, dann schmeckt es wie bei Mutter / Oma / Patentante. Die haben sie noch gekannt, die guten Dinge. NEIN! Ganz verkehrt! Mutter / Oma /Patentante haben Kondensmilch genommen! Nur mit Kondensmilch schmeckt Bohnensalat so wie früher! Nix da mit Speckchen oder Zwiebelchen oder ohne, und auf keinen Fall Sahne – bloß nicht. Kondensmilch. Kommste nicht drauf.

Außerdem hat das Buch Kässpätzle im Angebot, und zwar butzeleinfache. Blamiert man sich niemals mit, auch nicht, wenn Schwaben im Raum sind :))

Oder die ganzen Suppen. Brennde Grießsupp – das Allheilmittel meiner Großmutter. Ihre Eiergerschtlessupp kann ich heute noch nicht, trotz meiner Haarer in der linken und dem Schneebesen in der rechten Hand. Wird. Nix. Ob ich mal mit Kondensmilch..?

Und dann die vielen anderen Gerichte, nördlichere Gerichte, deren Namen ich nicht kenne, aber deren Geschmack. Selbst mein Traumaessen Himmel und Erde ist drin, ich werde mich ranwagen, weil ich nämlich langsam glaube, man vermischt nicht Apfelmus mit Kartoffelbrei dafür. So wie es das mal wo gab. Ich sage nicht, wo. Ich sage nur: Traumaessen. Hat mir ein nachhaltig gestörtes Verhältnis zu „Heimat“ verschafft.

Aber das Beste habe ich verschwiegen bisher: das Beste sind die drei Lesebändchen. Weil. Hier im Haushalt leben drei Mitesserchen, und denen reiche ich in Zukunft einfach das Buch über den Tisch, jedes nimmt eines der Bändchen und legt es zwischen die Seiten mit dem nächsten Wunschessen. So werde ich nie wieder Vorträge halten müssen, es wird in der Kindheit meiner Kinder keine Traumaessen geben, und morgen wollen sie übrigens Kohlrabischnitzel haben.

Ihr solltet das Buch alle kaufen, ich glaube, es eignet sich hervorragend zum Überreichen in vier Wochen.

Stevan Paul, Katharina Seiser, Deutschland vegetarisch, 272 Seiten, ich glaube 155 Rezepte, tolle Bilder, tolle Beschreibungen und wirklich einfach verständlich, für Anfänger super, für Fortgeschrittene super, für genervte Haushälter*innen top, Brandstätter Verlag, ISBN 978-3850337397, für 34,90 Euro und Ihr werdet es nicht mehr hergeben wollen. So.